Über Frielingens Lage im Gebiet der Stadt Garbsen, die landschaftliche Umgebung des Dorfes (hier) und die erdgeschichtlichen Grundlagen des Dorfes (hier). Sie erfahren dort, weshalb hier Sand und dort Mergel abgebaut werden, warum die Gräben genau dort fließen, die Bauern sich genau hier ansiedelten und warum an manchen Stellen viele Findlinge zu finden sind.
Von der Gründung bis zum Stadtteil Garbsens
Frielingen, 1351 erstmals nachweisbar, war lange Zeit eine selbständige Gemeinde. Die Gebietsreform Ende der 60er Jahre brachte Neues: 1968 wurde mit Horst, Meyenfeld und Schloss-Ricklingen die Samtgemeinde Horst gebildet. 1974 folgte der Zusammenschluss der heutigen Stadt Garbsen.
Ihr Schwerpunkte mit dem überwiegenden Teil der Bevölkerung lagen und liegen Süden bzw. Südosten des Stadtgebietes in Garbsen und Berenbostel am Stadtrand zu Hannover. Hier entstanden Verwaltungsgebäude, weiterführende Schulen, Einkaufszentren und andere zentrale Einrichtungen. Hier schritt die Verstädterung so weit fort, dass die früher isolierten Ortskerne zusammenwuchsen – soweit dies B6, A2 und der Mittellandkanal zuließen. Andere Stadtteile haben ihre typische Siedlungslage behalten, auch wenn sich manches verändert. Zu diesen zählt auch Frielingen.
Frielingen liegt im äußersten Nordwesten des Garbsener Stadtgebietes und wird am Ortsrand von der B 6 geschnitten. Wie sich das Dorf Frielingen entwickelt hat, ist hier nachund nach zu lesen. Die gesamte Chronik. Nach oben
Frielingen – eine überraschend vielfältige Landschaft
Hier geht es um die naturräumlichen Grundlagen, die für die Anlage des Ortes als auch seine wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige Voraussetzung waren – und für einen Teil der heutigen Bevölkerung noch sind. Wenn im Folgenden von der Frielinger Gemarkung die Rede ist, beziehen wir uns auf zwei 1876 fertiggestellte Karten, die den späteren„Messtischblättern“ der Preußischen Landesaufnahme zugrunde liegen.
Wer im Sommer einen Ausflug in die Garbsener Gemarkung unternimmt und dabei die Kreisstraße 322 von Horst nach Frielingen benutzt, trifft hinter Horst auf eine unerwartet abwechslungsreiche Landschaft: Von Gräben durchzogenen Wiesen und Weiden östlich der Straße und Getreideflächen westlich davon, entlang der Feldwege und Parzellengrenzen Baumgruppen aus alten Eichenbeständen, Erlen und Birken, Busch- und Baumreihen machen die Vorzüge einer Erholungslandschaft aus. Der charakteristische, oft kleinräumige Wechsel zwischen Grünland und Ackerland ist in ähnlicher Weise fast überall in der Frielinger Gemarkung anzutreffen.
Dabei spielen kaum wahrnehmbare Reliefunterschiede eine Rolle. Vom Horster Graben (46 m über NN) steigt die Kreisstraße 322 allmählich auf 50 m über NN am Ortseingang Frielingens an. Diese Anhöhe erstreckt sich nach Westen bis zur Bordenauer Straße über die Flurstücke „Klüterfeld“, „Kleine Allerbraken“ und „Hinter den Höfen“. Besonders augenfällig wird die Anhöhe, wenn man die letzte Kurve vor dem Ort durchfährt, und vom alten Ortskern nur den oberen Teil der Giebel sowie Dächer in verschiedenen Rottönen sieht. Tatsächlich liegen die Häuser auf der Rückseite des Höhenrückens, der zur Ortsmitte (Bürgermeister-Wehrmann-Straße, Am Damme) allmählich auf 46,5 m über NN abfällt. Am Damme und an der Einmündung des Mühlenwegs in die Bürgermeister-Wehrmann-Straße, der so genannten Heierkuhle, liegen die niedrigsten Stellen innerhalb des Ortes und hier befanden sich in früheren Zeiten auch die Löschteiche. Östlich der Horster Straße setzt sich die eben beschriebene Anhöhe über die Flurstücke „Auf der Hube“, „Fuchsberg“, „Pfennigsmoor“ und „Weißer Kamp“, unterbrochen von kleineren Verflachungen, bis über die B 6 hinweg in Richtung Osterwald fort.
Ein zweiter Höhenrücken von knapp 50 m erstreckt sich nördlich der B 6 über die Fluren „Die kleinen Heidkoppeln“, „Auf der Höhe“ (auch „Höge“ genannt) und „Auf den langen Kirchhöfen“. Nördlich davon fällt das Gelände bis auf 41,4 m am Rande der Gemarkung ab. Die Entwässerung dieser großen Niederungszone erfolgt über den Benkenwiesengraben und den Osterwalder Entwässerungsgraben nach Norden in die Alte Auter bzw. in die Auter. Von Westen her reicht eine feuchte Senke bis an den Ortskern heran. Durch diese Senke leitet der Frielinger Graben das aus dem Ort zugeführte Wasser nach Westen in die Leine. Als flache Kuppe erhebt sich daraus die „Farling“ mit 46,3 m.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Frielinger Gemarkung ein leicht welliges Relief kennzeichnet mit einer Höhendifferenz von etwa acht Metern. Umgeben von feuchten Niederungen erstrecken sich zwei miteinander verbundene Höhenrücken in westöstlicher Richtung durch die Gemarkung. Sie sind der westliche Ausläufer eines größeren Rückens, der sich über Osterwald bis Heitlingen nach Osten fortsetzt (siehe Verlauf der Osterwalder Hauptstraße). Auf der nördlichen Abflachung des südlich gelegenen Höhenrückens am Rand der Senke (Frielinger Graben) liegt der Ortskern Frielingens. Dies ist eine für den nördlichen Raum Hannovers durchaus typische Siedlungslage.
In welcher Weise waren die naturräumlichen Voraussetzungen überhaupt für die Anlage einer Siedlung geeignet? Unter welchen Bedingungen konnten die ersten Siedler hier leben? Dies lässt sich aus der bis heute stark veränderten Kulturlandschaft nicht mehr ohne weiteres ablesen. Eine Antwort darauf soll die Entstehungsgeschichte der beschriebenen Landschaftsstrukturen geben.[1] (hier weiterlesen) Die gesamte Chronik. Nach oben
[1] S. dazu: Geologische Karte von Niedersachsen 1 : 25 000, Hannover 1978; Alter der im Text genannten geologischen Formationen:
QUARTÄR:
- Holozän, Beginn vor ca. 10 000 Jahren bis heute
- Pleistozän (Eiszeiten), Beginn vor ca. 1,5 Mill. Jahren
TERTIÄR: Beginn vor ca. 70 Mill. Jahren.
KREIDE: Beginn vor ca. 130 Mill. Jahren.
Innerhalb Niedersachsens gehört die Frielinger Gemarkung zur Bergvorlandzone. Anstehendes Gestein tritt hier nur noch vereinzelt an der Oberfläche auf und die Oberflächenformen sind im Wesentlichen während des Pleistozäns (Eiszeit) entstanden, deren teilweise bis zu 200 m mächtige Lockersedimente weite Teile Norddeutschlands überziehen. Diese von eiszeitlichen Sedimenten bedeckten Landschaften werden allgemein als Geest bezeichnet im Unterschied zu den Moor- und Marsch-Landschaften. Der Begriff Geest steht für den Typus der trockeneren, höher gelegenen Landschaft mit überwiegend sandigen Böden; entsprechend wird der Raum nördlich Hannovers von vielen Autoren als Moorgeest bezeichnet. lhre Entstehung verdanken die Geest-Landschaften aber ganz unterschiedlichen Vorgängen während des Pleistozäns.
In Norddeutschland konnten drei Vereisungsperioden nachgewiesen werden: die Elster-, die Saale- und die Weichsel-Kaltzeit. Nach P. Rohde[1] sind die Sedimente der Elster-Kaltzeit im Garbsener Gebiet von den Ablagerungen der jüngeren Saale-Kaltzeit vollständig abgedeckt; Ablagerungen aus der Saale- und der Weichsel-Kaltzeit sowie Schichten der Kreide-Formation bestimmen die Oberflächenstrukturen. Während der Saale-Kaltzeit drang das Inlandeis in mehreren Schüben erst aus östlicher, dann mehr aus nördlicher Richtung nach Süden vor. Charakteristisch für den neuen Eisvorstoß ist die stratigraphische Abfolge von Schmelzwasserschichten und darüber liegendem Grundmoränenmaterial: Bei seinem Vordringen überfuhr der mächtige Eiskörper die vor dem alten Eisrand austretenden Schmelzwässer und ihre sandigkiesigen Ablagerungen (Sander) und überdeckte sie mit dem an seiner Unterseite mitgeschleppten Gesteinsschutt. Dieses Grundmoränenmaterial besteht aus Gesteinsschutt von kleinsten Korngrößen bis zu glatt geschliffenen, gerundeten Felsblöcken („Findlinge“). Aus der älteren Phase dieser Kaltzeit, dem Drenthe-Stadium, tritt in der Frielinger Gemarkung sowohl Schmelzwasser- als auch Grundmoränenmaterial auf. In der nachfolgenden Weichsel-Kaltzeit reichte das Inlandeis wahrscheinlich nur noch bis zur Elbe. In unserem Raum herrschte zu dieser Zeit ein kühles, der heutigen Tundra ähnliches Klima mit Dauerfrostboden und kärglichem Bewuchs, in dem die vorher geschaffenen Oberflächenformen durch Wind-, Wasser- und Frosteinwirkungen verändert wurden.
Den Festgesteinsuntergrund im Garbsener Raum bilden Schichten der Unterkreide, die von westöstlich gerichteten Rinnen (Elster-Kaltzeit?) zerfurcht sind. In der Frielinger Gemarkung streichen im nördlichen Höhenrücken dicht unter der Oberfläche Kreideschichten aus. Der mergelige Tonstein – er wurde zwischen 1979 und 1986 wenige hundert Meter westlich der Frielinger Gemarkung von der Firma Oltmanns abgebaut – wird überdeckt von drenthe-stadialen Schmelzwasser- und Geschiebeschichten. Letztere treten an den höchsten Stellen des nördlichen Höhenrückens als Geschiebelehm in flächenhafter Verbreitung an die Oberfläche („Auf den kleinen Heidkoppeln“, „Auf der Höge“). An den Flanken fehlen die Schmelzwassersedimente und auch Geschiebe tritt nur an wenigen Stellen auf. Statt dessen bedecken hier gemischtkörnige Sande, von Kiesen durchsetzt, aus der Weichsel-Kaltzeit den Untergrund. Demgegenüber finden sich im südlichen Höhenrücken über älterer Grundmoräne nur drenthe-stadiale Schmelzwasserschichten. Drenthe-Geschiebe als Deckschicht fehlt hier; Flugsandkuppen der Weichsel-Kaltzeit bilden die höchsten Stellen.
Die Niederungszonen der Frielinger Gemarkung sind mit Drenthe-Schmelzwasserschichten ausgefüllt und mit Sanden aus der Weichsel-Kaltzeit abgedeckt. Nur im nördlichen Teil der Gemarkung tritt, z. B. auf dem Flurstück „Im Wohle“, Geschiebemergel vereinzelt im Untergrund auf.
Eiszeitlichen Vorgänge sind schwer zu deuten, weil die genannten Sedimente nur selten vollständig bzw. in eindeutiger stratigraphischer Abfolge (älter = unten, jünger = oben aufliegend) vorkommen. Außerdem fehlen Bildungen der Interglaziale (Warmzeit zwischen zwei Kaltzeiten), die eine Datierung erleichtern würden. Bei Bohrungen am Berenbostel-Engelbosteler Höhenrücken konnten Schichten mit Leine-Material nachgewiesen werden. „Die Kiese und Sande könnten unter dem wechselnden Einfluß eines breit ausufernden, ehemaligen Leine-Flusses und großflächiger Schmelzwasserabflüsse gebildet worden sein“, vermutet Rohde.[2] Seedorf nimmt an, dass das Gewässernetz während der letzten Glazialzeit noch nicht endgültig festgelegen hat, „so dass möglicherweise eine Verbindung von der Leine über die Senke des Steinhuder Meeres zur Weser bestand“.[3] An anderer Stelle spricht er von einem „wenig ausgeprägten Urstromtal, das heute von Hochmooren eingenommen wird“, und in dem die Schmelzwässer nach Westen abflossen.[4] Wenn es zutrifft, dass das auch in der Frielinger Gemarkung liegende Grundmoränenmaterial dem Drenthe-Stadium zuzuordnen ist, muss sich der letzte Eisvorstoß über die Brelinger Berge hinaus nach Süden erstreckt haben. Die Grundmoränendecke wurde später nach dem Abschmelzen des Eises teilweise wieder abgetragen und ist heute nur noch auf Restflächen erhalten. Nach Forschungen von Rohde handelt es sich im Falle des nördlichen Höhenrückens um Schmelzwasseraufschüttungen („Kames“), die entlang einer Schmelzwasserrinne auf dem Eisrand abgelagert wurden und daher nach dem Abschmelzen des Eises auf der Grundmoräne auflagen. Bei dem südlichen Höhenrücken, in dessen Schichtenfolge die Grundmoräne fehlt,[5] könnte es sich um Sande handeln, die unmittelbar vor dem Eisrand abgelagert wurden.
Zurück blieb also nach dem Abschmelzen einer drenthe-stadialen Eiszunge ein großes Schmelzwasserbecken[6] mit Aufschüttungskörpern und Rinnen, die, soweit sie ohne Abfluss waren, später vermoorten. Durch dieses Becken flossen zeitweise auch die Leine bzw. Arme eines verwilderten Leineflusses. Sicher waren zu dieser Zeit die Reliefunterschiede markanter. Im Gebiet der Frielinger Gemarkung wurden die Schmelzwasserrinnen in der nachfolgenden Weichsel-Kaltzeit mit Talsanden aufgefüllt, so genannten Verschwemmungssanden, die durch Abspülung des höher gelegenen Geländes in die Niederung gelangten. Besonders deutlich zu erkennen ist dies am nördlichen Höhenrücken (s. o.). Oben auf den Höhenrücken liegt Geschiebedecksand, ein Verwitterungsrest drenthe-stadialen Geschiebelehms. Dabei handelt es sich um gemischtkörnigen Sand mit unregelmäßig verteilter Kieskomponente.[7]
Die Geschiebedecksande sowie die oben genannten Talsande bildeten das Ausgangsmaterial der späteren Bodengesellschaften. Von diesen finden sich zwei Typen in der Frielinger Gemarkung:[8] auf dem südlichen Höhenrücken („Klütersfeld“, „Hinter den Höfen“, „Kleine Allerbrachen“), der „Farling“ sowie auf der „Höge“ trockenere Geestböden, nämlich Braunerden und Podsol-Braunerden; überall sonst handelt es sich um Grundwasser- bzw. staunässebeeinflusste Böden, nämlich Gleye, z. T. auch Anmoorgleye, und Pseudogleye über dem mergeligen Tongestein des nördlichen Höhenrückens. So dürften die ersten Siedler trockene bis feuchte Buchen-Traubeneichenwälder angetroffen haben, dazu Birken- und Erlenbruch im nördlichen Teil der Gemarkung.[9] Ohne umfangreiche Entwässerungsarbeiten war Getreideanbau nur auf den trockeneren Standorten möglich, also auf dem südlichen Höhenrücken. Siedlungen wurden meist in unmittelbarer Nähe des getreidefähigen Bodens angelegt. Dass dies auch für Frielingen zutrifft, wird in den folgenden Kapiteln zu lesen sein! Allerdings boten diese sandigen Böden keine besonders günstige Voraussetzung für eine ackerbautreibende Bevölkerung und ernährten nur eine zahlenmäßig kleine Ansiedlung.
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[1] Rohde, P., Erläuterungen zu Blatt 3523/Garbsen, Hannover 1978, S. 41.
[2] Ders., S. 51.
[3] Seedorf, H.H., Topographischer Atlas von Niedersachsen und Bremen, 1977, S. 158.
[4] Ders., S. 160.
[5] Vgl. dazu: Profiltypenkarte des Quartär, Anlage zur Geologischen Karte Niedersachsen 1 : 25 000, Hannover 1978.
[6] Institut für Landeskunde (Hrsg.), Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 73, Bonn 1960, S. 9.
[7] S. Rohde, P., S. 68.
[8] Vgl. dazu: Übersichtskarte der Bodengesellschaften, 1 : 50 000, Anlage zur Geol. Karte Niedersachsen 1 : 25 000.
[9] Seedorf, H.H., Stufen der Kulturlandschaftsentwicklung im hannoverschen Stadtgebiet, in: Hannover und sein Umland, Hannover 1978, S. 20.