Frielingen und der Erste Weltkrieg

Von der aufgeheizten diplomatischen Lage zu Anfang des Jahres 1914 mag man in Frielingen wenig gespürt haben. Und obwohl die Arbeiterbewegung in Frielingen organisiert auftrat, war die Begeisterung für den Kaiser allgemein, etwa als 1913 "der Kaiser kam", und als der Krieg begonnen hatte.

Im auslaufenden 19. Jahrhundert entstanden viele Arbeitervereine, vor allem als der Radsport erstmals in Mode kam. Gemeinsam wurden ausgedehnte Radfahrten z. B. bis Nienburg organisiert. Nicht jedes Mitglied besaß ein eigenes Fahrrad. Man fuhr laut Erzählungen der älteren Einwohner dann eben zu zweit auf einem Rad. Von ihrer Zeit beim Militär her waren es die Männer gewohnt, Sport zu treiben und Kameradschaft zu pflegen. War man zu Hause, wurden die Biere gestemmt. In Frielingen gab es übrigens zwei Radfahrvereine, beide entstanden um 1906: „Frisch-Auf“ und „Solidarität“, ein Hinweis auf die sich gegeneinander abgrenzenden Schichten im Dorf.

 

Hochsommer 1914, es war Erntezeit. Sorgen um einen möglichen Krieg beunruhigten die Einwohner des kleinen Heidedorfes Frielingen. Sie konnten es sich nicht vorstellen, dass „das Ausland Neigung dazu“ hatte. Als aber Ernteurlauber schleunigst in die Garnison zurückgerufen wurden, musste man sich auf einen bevorstehenden Krieg einstellen.

Am Abend des 31. Juli 1914, es war ein Freitag, brachte ein Bote aus Neustadt  die Verfügung, dass der Bereich des 10. Armeekorps durch den kommandierenden General von Emmich in den Kriegszustand versetzt sei. Am Nachmittag des 1. August erging die Mobilmachungsorder und Boten aus Neustadt hingen entsprechende Mobilmachungsplakate auf. Es herrschte allgemeine Aufregung im Dorfe. In den Augen vieler Frauen und Mädchen sah man Tränen; siegesgewiss und begeistert waren die Männer, die nun hinausziehen wollten, um „Thron und Vaterland zu verteidigen“.


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Anlässlich des vom Kaiser angeordneten allgemeinen Buß- und Bettages am 5. August 1914 wurde der Orden des Eisernen Kreuzes erneuert. Vier Tage darauf erfolgte der erste von insgesamt acht Landsturmaufrufen. Der ungediente Landsturm hatte sich spätestens bis zum achten Landsturmtage in die Stammrolle eintragen zu lassen. Befreit waren davon nur die, die einen Ausmusterungsschein vorzeigen konnten.

Mit Beginn des Krieges traten allerlei Sonderregelungen in Kraft, die sich auf das Leben der Dorfbevölkerung einschneidend auswirkten. Zur Sicherstellung der Ernährung und als Vorbeugung gegen Schwarzmarkthandel und Hamsterkäufe wurden die ersten Höchstpreise für Lebensmittel festgesetzt. Roggenmehl durfte 42 Pfennig, Weizenmehl 50 Pfennig und Speisesalz 22 Pfennig das Kilo kosten. Die Preise galten zunächst bis zum 15. August. Da mit dem Einzug der Männer zum Kriegsdienst häufig der Ernährer der Familie ausfiel, wurden Unterstützungen für die Frauen bis zu 12 Mark monatlich und je Kind unter 15 Jahren 6 Mark gezahlt.

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m die Verpflegung der Soldaten sicherzustellen, sammelte man in den Heimatkreisen Obst und Gemüse zum Einkochen. Die Einkochstelle war in Neustadt. Aus dem ganzen Dorf wurden im Herbst 1914 19 Gläser (Gl.) Apfelschnitten, 126 Gl. Apfelmus, 40 Gl. Rhabarber, 12 Gl. Mirabellen, 72 Gl. Zwetschgen, 31 Gl. Birnen und 12 Gl. Brechbohnen gesammelt.

Inzwischen war der erste Frielinger im Krieg gestorben: Heinrich Lödding war am 14. Oktober gestorben. Ihm folgten Ende April 1915 der Gefreite Heinrich Bullerdieck (geb. 24.2.1879) und elf weitere Frielinger Männer.

 

Mit dem 29. Oktober 1914 erfolgte die Einstellung von Ersatzreservisten. Bald darauf trafen die ersten ostpreußischen Flüchtlinge ein. Über Neustadt wurden 300 Personen auf verschiedene Dörfer des Kreises verteilt. Nach Frielingen kamen keine. Ebenfalls setzte ein Strom von Kriegsgefangenen ein, die im Reich zur Arbeit eingesetzt werden. Von den 1.000 Gefangenen, die man in Osterwald einquartierte, wurde der größte Teil den Landwirten zur Arbeit zugewiesen. Sie sollen es dort relativ gut gehabt haben nach Angaben älterer Frielinger. Aus Frielingen ist die Beschäftigung von Belgiern bekannt. Die meisten Gefangenen wurden für die Arbeiten der Wasserbaugenossenschaft eingesetzt. Es sind etliche Gräben in der hiesigen Gemarkung, auch der Frielinger Graben, erst durch diese Menschen ausgebaut worden. Der Franzosengraben hat seinen Namen aus dieser Zeit.

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100 Jahre zuvor: Befreiungskriege    Gestorben am Krieg: 1873