Seit 1914 haben die Lehrer der Frielinger Schule eine „Chronik der evangelischen Schule in Frielingen“ geführt.[1] Hier hielten sie alles fest, was ihnen über die Schule wichtig erschien, aber auch einige Bemerkungen über das dörfliche Leben.
Für die 1920er-Jahre ist in erster Linie überlieferungswert gewesen, dass Frielingen bei der verkehrlichen Anbindung nach Neustadt und Hannover schlecht bedient war. Vor dem Krieg habe eine Omnibusverbindung nach Hannover bestanden, zum Fahrpreis von 60 Pfennig. Wenige Jahre nach dem Krieg (etwa 1922) stellte ein Milchauto den Verkehr mit Hannover her. Wegen der Unrentabilität wurde diese Strecke aber bald eingestellt. Bis 1926 hatte Frielingen daraufhin keinen direkten Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz. Erst zum 1. Dezember 1926 wurde eine Autolinie von Hannover über Osterwald nach Neustadt eingerichtet, die auch Frielingen berührte. Eine Fahrt nach Hannover kostete nun 1,50 Mark, nach Neustadt 60 Pfennig.
Weiter hielten die Lehrer fest, dass Bauernfamilien sehr viele Pflegekinder aufgenommen haben. Da es pro Monat zeitweise bis zu 30 Mark für ein Pflegekind gab, machten viele Einwohner vor allem aus wirtschaftlichen Gründen davon Gebrauch. Es soll gesagt worden sein, dass „der kleine Knecht den großen Knecht bezahlen muss“. Die Lehrer meinten, dass viele dieser Kinder Disziplinschwierigkeiten machten und dass auch die Eltern wenig erzieherische Arbeit an ihnen geleistet hätten. Etwas besser seien die Verhältnisse geworden, als Pflegeerlaubnisse erforderlich wurden und die Jugendämter Kontrollen in den Familien durchführten. Wahrscheinlich wurden Pflege- oder „Haltekinder“, wie man sie auch nannte, auch in vielen anderen Dörfern aufgenommen.[2]
Etwas über die sozialen und wirtschaftlichen Probleme erfahren wir aus dem Jahre 1927. Laut Schulchronik verdienten etwa jeder dritte Frielinger sein Geld als Maurer, Zimmermann oder Arbeiter. Das Dorf war aufgrund dieser Struktur auch von der Erwerbslosigkeit in jener Zeit betroffen. Es ist aber nicht überliefert, wie viele Frielinger von der Arbeitslosenunterstützung leben mussten. Zahlstelle dafür war nicht die Gemeindeverwaltung auf Fritz Kahles Hof, sondern das Geld kam aus der Gemeindekasse von Rechnungsführer Göhns, der „Am Teiche“ wohnte.
Die Bauern klagten in jener Zeit über den hohen Steuerdruck. Dazu kam, dass die landwirtschaftlichen Erzeugnisse seit Mai 1927 nicht hoch im Preis standen. Vor allem bedrückten der niedrige Ferkelpreis und die geringe Notierung der Schlachtschweine. Ferkel erbrachten nur noch 5 Mark das Stück.
Trotz der knappen Zeiten wurden die Hochzeiten, übrigens fast alles „Muss-Hochzeiten“, mit großem Gepränge begangen. 1929 fanden über zehn solcher Feste mit jeweils 150 bis 200 Gästen statt. Gefeiert wurde im Zelt. Bei fast 100 % Muss-Eheschließungen drängt sich uns der Gedanke auf, dass ein „später“ Hochzeitstermin zu der Zeit in Frielingen sozial und kulturell bei den Akteuren möglicherweise völlig selbstverständlich war, auch wenn der Lehrer das anders bewertete. ©©©©
Am kirchlichen Leben nahm die Gemeinde, wie der Lehrer feststellte, bis auf wenige Ausnahmen nicht teil. Die Leute gingen zwar zur Kirche, wären aber ohne große religiöse Überzeugung. Ursache soll z. T der fehlende Kontakt seitens der Kirche gewesen sein, so dass der sich ausbreitenden laschen Einstellung nicht entgegengesteuert werden konnte.
Abschließend aus dieser Zeit die Wahlergebnisse zu Kreistag, Gemeinderat und Provinzialversammlung von 1929: Die entsprechenden Wahlen fanden am 17. November bei Feesche statt. Von den 206 wahlberechtigten Frielingern gaben 166 die Stimme ab. Die meisten davon erhielt noch immer die Deutsch-Hannoversche Partei mit 77 Stimmen, gefolgt von den Sozialdemokraten mit 51 Stimmen.
[1] Es existierte seit 1978 nur noch eine Kopie der Frielinger Schulchronik, die sich im Stadtarchiv Garbsen befindet. Das Original fand sich während der Abschlussarbeiten an diesem Buch wieder an und ist ebenfalls dem Stadtarchiv Garbsen übergeben worden.
[2] HStA Hann., Hannover 74 Neustadt Nr. 446.