Eine selbstständige Kirchengemeinde ist Frielingen nie gewesen. Der Flurname „Auf den langen Kirchhöfen“ deutet zwar auf kirchliche Grundeigentümer in dieser Flur hin, lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass hier einmal ein Gotteshaus gestanden hat. So gehörte Frielingen denn schon immer zum Kirchspiel Horst.
Als Mitgliedsgemeinde hatte Frielingen die Berechtigung, Vertreter in den Horster Kirchenvorstand zu entsenden. „Altaristen“ wurden diese gewählten Personen im 18. Jahrhundert genannt. Ein in vielen Eintragungen Genannter und beim Neubau der Kirche im Jahre 1780 maßgeblich Beteiligter war Johann Wilhelm Pohlmann, Großkötner in Frielingen auf dem Hof Nr. 8. Als Altarist ist er ehrenamtlich für die Gemeinde tätig gewesen.
Darum stellten sich auch am 11. März 2018 wieder Frielinger Frauen und Männer zur Wahl, um im neuen Horster Kirchenvorstand tätig zu sein oder in einem weiteren Gremium, dem Gemeindebeirat eine von den vielen Aufgaben einer Kirchengemeinde zu übernehmen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass überhaupt die Ehrenamtlichen in den letzten Jahren eine immer größere Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeit bekommen haben - nicht nur in Horst
Doch zuerst ein Blick in die Geschichte: Man nimmt an, dass in Horst eine kleine Kapelle bereits in der Zeit der Besetzung des Sachsenlandes unter Karl dem Großen um 800 entstanden ist. Wir, die Chronikautoren, gehen davon aus, dass Frielingen seit der Christianisierung und der Entstehung der Horster Kirche nach dort eingepfarrt war. Dass Frielingen mit vielleicht nur vier Höfen zu klein oder zu arm war, um eine eigene Kapelle oder kleine Holzkirche zu bekommen, lässt sich nur vermuten.
Wenn Frielingen auch kein eigenes Kirchengebäude hatte, so wurde die Kirche hier doch um 1000 bis 1100 bei der Zuteilung von urbar gemachtem Heideland berücksichtigt. Dieses Kirchenland befand sich im „Frielinger Feld“ an der Bordenauer Straße. Ca. 1,2 Hektar gingen davon in das Eigentum der Horster Kirche über. Waren die vier Bauern zu dieser Landabgabe seinerzeit verpflichtet oder steuerten sie damit freiwillig etwas zur Ausstattung der Horster Pfarre bei? Dies zu klären bleibt weiteren Nachforschungen vorbehalten.
Bei der Flurbereinigung 1961 wurde dieses Ackerland gegen ein größeres Grundstück Am Damme (heute Spielplatz) eingetauscht, um hier eventuell einmal ein eigenes Gemeindehaus für Frielingen zu errichten.
Der Kirchenbesuch war nämlich für die Frielinger immer ein mühsames Unterfangen. Die heutige Horster Straße wurde als Frielinger Kirchweg erst 1879 gebaut. Aus der Kurhannoverschen Landesaufnahme geht hervor, dass es knapp 100 Jahre vorher nicht einmal einen unbefestigten Weg gab, der direkt nach Horst führte. Bevor als Vorläufer des Frielinger Kirchweges der „Kirchendamm“ aufgeschüttet wurde, um die sumpfige Niederung an der Haspel-Riede (heute Horster Bruchgraben) halbwegs trockenen Fußes durchqueren zu können, mussten die Bauern einen weiten Bogen nach Westen über die Retmer Berge machen, wenn sie nach Horst wollten. Kein einfacher Weg, vor allem wenn man sich vorstellt, dass auch die Verstorbenen aus unserem Ort mit dem hölzernen Fuhrwerk über diese Wege zum Kirchhof gebracht wurden. Übrigens sollen die Schulkinder früher jeden Leichenzug mit Gesängen bis zum Ortsausgang begleitet haben.
In engerer Verbindung zur Kirche, die sich vermutlich nicht nur in Spenden ausdrückte, standen auch die Eigentümer des Frielinger Gutes. Gutsfrau Bullerdieck geborene Schmed stiftete 1763 einen silbernen Kelch, in dem Kranken das Abendmahl gebracht werden konnte. Dankbarkeit gegenüber Gott für eine durchgemachte schwere Krankheit oder den gerade heil überstandenen 7-jährigen Krieg gegen Frankreich könnte sie dazu veranlasst haben.
Gutsbesitzer Düvel hatte seit ca. 1800 eine Familienbegräbnisstätte auf dem Friedhof bei der Kirche. Mehrere Grabdenkmale sind bis heute erhalten geblieben. Mit Zustimmung der Kirchenkommissarien vom 30. April 1810 ließen Düvel und Pastor Lauenstein auf eigene Kosten beiderseits des Altares für sich kleine Emporen, sogenannte Priechen einbauen, die anlässlich der Renovierung von 1959 wieder entfernt wurden. Was die Kirche veranlasste, einer Familie in diesen Zeiten des Hungers und Krieges äußerlich derart Anerkennung zu zollen, ist uns nicht überliefert.
Erwähnt soll auch hier sein, dass die seit 1670 erhaltenen und im Kirchenbüro aufbewahrten alten Kirchenbücher Einblicke in Familiengeschichten ermöglichen, wie sie sonst keine andere Geschichtsquelle für den hiesigen Raum zulässt. Dass im Nationalsozialismus viele Menschen auf die meist säuberlichen, handschriftlichen Eintragungen der Geburten, Hochzeiten und Todesfälle ihrer Vorfahren zurückgreifen mussten, um ihre „arische Abstammung“ zu beweisen, sei nur am Rande gesagt.
Vor längerer Zeit beschäftigten sich die Gremien der Kirchengemeinde Horst mit dem Gedanken, durch einen anderen Namen dem eventuellen Missverständnis vorzubeugen, sie sei nur für den Ortsteil Horst zuständig. Dabei würde ein Name wie „Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Horst, Frielingen, Meyenfeld“ sicher alles klarstellen, aber auch sehr sperrig sein.
Eventuell können Nachforschungen in der Kirchengeschichte den verschütteten Bezug unserer ursprünglich ja auch katholisch gewesenen Kirche zu einer Person aus der Religionsgeschichte, evtl. einem Heiligen, wiederherstellen, die als Namenspatron gewählt werden könnte.
Möglicherweise bedauern einige Frielinger, dass es im eigenen Dorf keine Kirche gibt. Dennoch fühlen sich erfreulich viele mit der Kirche in Horst verbunden und verstehen sich zusammen mit den Christen in Meyenfeld und Horst als e i n e Gemeinde. Dies wurde z. B. bei der Aktion „Kirchturmtreppe“ im Jahr 1998/99 deutlich, als zahlreiche Frielinger Einwohner eine Stufe der Kirchturmtreppe „kauften“ (Stückpreis damals DM 500), auch handwerklich tätig wurden und so dazu beitrugen, dass heute der Horster Kirchturm bis zu den Eulenfenstern hinauf bestiegen werden kann. Der Ausblick von dort reicht natürlich auch nach Frielingen.
Im Rahmen des 1992 in der Kirchengemeinde eingeführten neuen Vorkonfirmandenunterrichtes nach dem „Hoyaer Modell“ findet Kirche auch in Frielinger Wohnzimmern oder Partykellern statt. Dieses besondere Modell sieht vor, dass Eltern ihren 10-jährigen Kindern und deren Freundinnen und Freunden in kleinen Gruppen Konfirmandenunterricht erteilen. In den letzten Jahren haben sich Frielinger Eltern hierbei besonders engagiert. Sie bereiten den Unterricht mit Pastor Wolfgang Dressel vor und treffen sich dann zur wöchentlichen Unterrichtsstunde in ihren Häusern.
Aufgrund der Neubaugebiete sind junge Familien verstärkt in der Eltern-Kind-Arbeit der Kirchengemeinde engagiert. Aber auch über all das hinaus ist die Kirchengemeinde in Frielingen und Frielingen in der Kirchengemeinde gut vertreten: So sorgen die Bezirkshelferinnen dafür, dass der "Blickpunkt", also die Gemeindebriefe auch an alle Frielinger Haushalte verteilt und ältere Geburtstagskinder besucht werden. Abgesehen von Hausbesuchen ist Pastor Dressel zwar nicht bei allen, aber doch bei zahlreichen Veranstaltungen von Vereinen präsent und fühlt sich für die Frielinger Gemeindemitglieder genauso verantwortlich wie für die aus den beiden anderen Ortsteilen.
Am 18. Februar 2018 feierte die Horster Kirchengemeinde ein ganz besonderes Fest: Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr führte Meret Köhne mit einem feierlichen Abendgottesdienst in das Pastorenamt ein. Es war die erste Ordination überhaupt, die in der Horster Kirche stattfand. Die aus Hannover stammende Theologin ist bei uns in der langen Reihe der evangelischen Pastoren, die bis 1555 zurückreicht, sogar die erste Frau im Horster Pfarramt. Seit dem 1. Februar arbeiten Pastorin Meret Köhne und Pastor Wolfgang Dressel nun jeweils mit halber Stelle in der Gemeinde.
Quellen:
-Festschrift zum 200-jährigen Kirchweihfest, hrsg. vom Evgl.-luth. Kirchenvorstand, Horst 1980.
-HStA Hann, Hannover 74 Neustadt Nr. 4741.
-Mechthild und Ulfried Müller in: Die Kirchen in Garbsen. Schriftenreihe zur Stadtgeschichte, Heft 5, Garbsen 1994, S. 27.
-HStA Hann, Hannover 74 Neustadt Nr. 2946.